Der Basler Fotograf Tobias Sutter hat gleich zwei Leidenschaften zu seinem Beruf gemacht – und seit ihm jemand eine Leica M vorgestellt hat, legt er sie kaum mehr aus der Hand.


Längst nicht alle können eine Leidenschaft zu ihrem Beruf machen. Aber gleich zwei? Das gelingt nur ganz wenigen. Fotograf Tobias Sutter scheint einer von ihnen zu sein. Der 46-Jährige liebt die Fotografie, die Magie der Bilder. Und er ist ein grosser Musik-Fan. «Wenn ich irgendwo hinkomme, höre ich immer, welche Musik gerade gespielt wird», sagt er. «Über die Musik kommt man auch mit Menschen ins Gespräch, mit denen man sonst nur wenige Gemeinsamkeiten hat.» Das Showbusiness habe ihn ohnehin schon immer fasziniert. Und nun kann er unter anderem als Festival-Fotograf einen Blick hinter die Kulissen werfen – also Musik und Fotografie vereinen. Wie ist es dazu gekommen?

Am Anfang war die Lochkamera

Mit 14 besuchte Tobias Sutter in der Schule einen Fotokurs, baute dort eine Lochkamera, entwickelte die Bilder im Labor. Und war auf Anhieb fasziniert von der Technik und der Möglichkeit, Momente festzuhalten. Mit einem Job in den Sommerferien finanzierte er sich seine erste Spiegelreflexkamera, ein ganzes Herbarium fotografierte er mit einem Makro-Objektiv. Bei einem befreundeten Fotografen konnte er als Schüler erstmals assistieren. Dann reiste er nach New York zu Alex Kayser (1949 – 2015).  Damals, in den 90er-Jahren, war New York noch viel ausgeprägter das Mekka der internationalen Kunst-Szene. Alex Kayser fotografierte viele Musiker, aber auch andere bekannte Künstler wie zum Beispiel Andy Warhol. Er fertigte dazu viele Serien mit der SX-70 Polaroid-Kamera und Kleinbildkameras an. «Bei ihm begegnete ich erstmals der Musik-Fotografie» sagt Tobias Sutter. «Ich lernte von ihm vor allem den richtigen Umgang mit Künstlern». Für Porträts von Musikern und anderen Künstlern würden die Grundregeln für gute Bilder noch ein bisschen mehr gelten: «Das schnelle Erfassen einer Situation ist wichtig. Das Spielen und Ausprobieren sind ebenfalls bedeutende Bestandteile meiner Arbeitsweise. Mit einer guten Vorbereitung ergibt sich meistens der Rest von selbst.»

Er selber war schon als junger Teenager ein grosser Musik-Fan, hört bis heute alles zwischen Indie-Rock und Pop. Zurück aus New York, war das Feuer endgültig entfacht. Er absolvierte eine Fotografen-Lehre, heute arbeitet er als selbstständiger Fotograf. Und verdient sein Geld vor allem «mit People- und Image-Geschichten für verschiedene Unternehmen und Agenturen», wie er sagt. Aber natürlich ist die Musik geblieben.

Wenn Künstler Bilder mitlaufen lassen

Seit sechs Jahren ist er der offizielle Fotograf des renommierten Greenfield-Festivals in Interlaken. Diese vier Tage seien jeweils sehr intensiv – mit wenig Schlaf, dafür umso mehr Adrenalin-Stössen und Glücksmomenten, wenn es ihm gelungen sei, eine Band vor die Kamera zu bekommen und schöne Bilder zu machen.

 

Am letzten Festival glückten ihm solche vor allem von der Band The Prodigy, deren Musik er selber gerne hört. «Ich durfte mit ihnen auf die Bühne. Ein wahnsinnig tolles Erlebnis.» Mit Benji Webbe, Sänger der Band Skindred, verbindet ihn ein anderes spezielles Erlebnis: «Im Backstage-Bereich gibt es immer eine Ausstellung meiner Bilder», erzählt Tobias Sutter. «Einmal durfte Benji Webbe eines davon mitnehmen. Dieses Jahr liess er eines mitlaufen, das ich per Zufall auf einem Foto seiner Garten-Lounge entdeckte.» Das Bild habe ihm offenbar ganz besonders gut gefallen, lacht er, was natürlich ein Ritterschlag sei.


The Prodigy – 2016

Benji Webbe – Skindred – 2015

«Ausdrucksstärker mit der Leica M»

Zu den beiden «Berufs-Leidenschaften» ist eine dritte hinzugekommen. Beim Fotografie-Dienstleister «GraphicArt» in Zürich kam ihm erstmals eine Leica M in die Hände. Er schoss mit ihr Bilder vom deutschen Klarinettisten Giora Feidma. Dabei kam ihm vor allem entgegen, dass die Kamera enorm leise und klein ist. «Mehr oder weniger Geräusche machen in der Musik-Fotografie einen grossen Unterschied». Mit dem M-System fotografiert er auch den – damals noch aktiven – Schweizer Radrennfahrer Fabian Cancellara. Dafür nahm er zwei Kameras mit und stellte hernach fest: «Bei ebenbürtiger optischer Ausrüstung waren die Bilder mit der Leica M einfach ausdruckstärker. Sie hatten mehr Tiefe, es war ein magisches Spiel mit Schärfe und Unschärfe.»

 

Heute benutzt er sie für knapp zwei Drittel seiner Arbeiten, zum Einsatz kam sie zum Beispiel auch für das Buch über das Schweizer Musiker-Duo «Blush». Darauf sei er besonders stolz: Sie hätten Bilder in den Strassen von Paris gemacht, dazu seien Grösse und Kompaktheit der Kamera ideal. «Die Leica liegt gut in der Hand, fällt nicht auf. Sie lenkt die Menschen nicht ab, man erhält so eher unverstellte, echte Bilder.» Zudem diene eine Leica gerade in der Musikbranche als Türöffner, weil viele die Marke kennen und man so schnell Vorbehalte abbauen könne. «Am Greenfield Festival liess sich Randy Bliythe von Lamb of God erst dann von mir fotografieren, als er sah, dass ich eine Leica M und eine Leica Monochrom benutze», erinnert sich Tobias Sutter.

 

Zusammen mit der Leica M setzt er die Objektive Summilux-M 35mm f/1.4 ASPH und Summicron-M 50mm f/2 ein. Beim 90mm-Objektiv verfüge er sowohl über das Macro-Elmar-M 90mm f/4 wie auch das normale Summarit-M 90mm f/2.4. Zudem montiert er oft den Handgriff, gerade bei grossen Shootings liege ihm die Kamera damit noch besser in der Hand. Damit, ergänzt er, könne er je nach Situation auch «direkt in den Computer shooten».

 

Was macht der Nachwuchs?

In Zukunft möchte Tobias Sutter noch mehr in der Musik-Szene arbeiten. Und dabei auch Persönlichkeiten wie Bono, den Sänger der irischen Rockband U2, kennenlernen. «Das wäre wirklich ein grosser Traum von mir.»

 

Seine beiden Kinder (10 und 12) hat er in die Welt der Musik bereits eingeführt. Sie durften ihn auch schon an Festivals begleiten. Und die Faszination scheint durchaus angekommen zu sein. «Die beiden bauen zuhause kleine Bühnen auf und geben darauf mit dem Mikrofon in der Hand Konzerte», erzählt er schmunzelnd. Auch mit Playmobil-Figuren würden sie Musik-Shows nachstellen. Wer weiss: Vielleicht kann eines der beiden später auch einmal zwei Leidenschaften im Beruf vereinen.